Preisträger*innen 2019 des German Stem Cell Network (GSCN)

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 Das Potenzial der Stammzellen ergründen 

Stammzellen haben das Potenzial, Körperzellen zu bilden, sich selbst zu erneuern, genetisch verändert therapeutisch eingesetzt zu werden - und auch, nach einer Fehlentwicklung, Tumore und Krebs auszulösen. Das GSCN zeichnet 2019 Forscherinnen und Forscher in Deutschland aus, die sich diese Prozesse in verschiedenen Organsystemen im Detail anschauen. Allen gemeinsam ist das Ziel, die molekularen Prozesse in den Stammzellen so genau zu verstehen, dass diese zukünftig gezielt genetisch beeinflusst und therapeutisch im Krankheitsfall eingesetzt werden könnten.
  • Der „GSCN 2019 Young Investigator Award“ geht an Dr. Nico Lachmann vom Institut für Experimentelle Hämatologie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). 
  • Der „GSCN 2019 Female Scientist Award“ geht an Prof. Dr. Ana Martin-Villalba vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. 
  • Der „GSCN 2019 Publication of the Year Award“ geht an Dr. Germán Camargo Ortega (Zellsystem-Dynamik Gruppe, ETH Zürich) und Prof. Dr. Magdalena Götz (Direktorin des Instituts für Stammzellforschung am Helmholtz Zentrum München sowie Lehrstuhlinhaberin für Physiologische Genomik am Biomedizinischen Centrum der LMU) für die Publikation „The centrosome protein Akna regulates neurogenesis via microtubule organization“, 2019, im Fachjournal Nature (Camargo Ortega, G et al., 2019, Nature 567, 113–117, doi: 10.1038/s41586-019-0962) 

 

 Zu den Auszeichnungen: 

Nico Lachmann

 

 

 Dr. Nico Lachmann erhält den Preis „GSCN 2019 Young Investigator Award“ für seine hervorragenden Forschungsarbeiten als Nachwuchswissenschaftler. Schon früh kombinierte er Verfahren zur genetischen Veränderungen von Stammzellen, um genetisch verbesserte Zellen für neuartige Therapien bereitzustellen. Besonders die wichtigen Fresszellen des Immunsystems, die Makrophagen, haben Lachmann dabei in seinen Bann gezogen. Der Blick auf die Makrophagen als wichtige Zelle des Immunsystems hat sich in den letzten Jahren sehr gewandelt und Lachmann hat dabei deutlich zum heutigen Verständnis von Makrophagen beigetragen. In seinen Arbeiten hat er unterschiedliche Stammzellen genutzt, um Makrophagen als neuen und vielversprechenden zellbasierten Behandlungsansatz für unterschiedliche Erkrankungen einzusetzen. Durch die Nutzung von multipotenten als auch induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) hat Lachmann Makrophagen genutzt, um die Entstehung unterschiedlicher Erkrankungen aufzudecken. Darüber hinaus hat er neue Systeme zur Generierung von Blutzellen aus iPS-Zellen geschaffen und den langfristigen therapeutischen Nutzen sowie das regenerative Potenzial von Stammzell-basierten Makrophagen im Organsystem Lunge aufgezeigt. 

Dr. Nico Lachmann, geboren 1980, arbeitete nach dem Studium der Biowissenschaften und Biomedizin als Postdoc an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) sowie am Max-Planck-Institut für Molekulare Biomedizin, Münster. Derzeit arbeitet Dr. Lachmann am Institut für Experimentelle Hämatologie (IEH) an der MHH und ist Mitglied des Exzellenzcluster „Von Regenerativer Biologie zu Rekonstruktiver Therapie; REBIRTH“. Seit 2015 ist Nico Lachmann unabhängiger Gruppenleiter der Arbeitsgruppe "Translational Hematology of Congenital Diseases" am IEH und dem REBIRTH-Exzellenzcluster in Hannover sowie Berater des „Transitional Pulmonary Science Center“ am Cincinnati Children's Hospital Medical Center. 

​Prof. Dr. Ana Martin-Villalba​Prof. Dr. Ana Martin-Villalba erhält den „GSCN 2019 Female Scientist Award” für ihre herausragenden Leistungen in der Erforschung der Biologie neuronaler Stammzellen. Ihr Labor am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg will die Mechanismen der neuronalen Plastizität verstehen, welche einerseits der bösartigen Transformation in der Neuroonkologie zugrunde liegen und andererseits für den Wiederaufbau des zentralen Nervensystems (ZNS) nach Verletzungen in der regenerativen Medizin unerlässlich sind. Martin-Villalba konzentriert sich darauf, Entscheidungsprozesse von Stammzellen im erwachsenen Gehirn nachzuvollziehen. Welche Unterschiede gibt es im gesunden, verletzten und alternden Gehirn? Wie läuft die Entscheidung für die Differenzierung einer Stammzelle zu einer spezifischen Nervenzelle im Detail ab? Diese Entscheidung bildet die Grundlage für den Beitrag der Stammzellen zur Gehirnfunktion und -reparatur bei Verletzungen und neurodegenerativen Störungen. Falsche Entscheidungen können die Ursache für bösartige Veränderungen sein, die zu Hirntumoren führen. Um Stammzellen im ZNS eines lebenden Organismus zu untersuchen, hat Martin-Villalba einen multidisziplinären Ansatz gewählt, der gentechnisch veränderte Mausmodelle mit Verletzungs- und Krebsmodellen und Spitzentechnologien in Einzelzellanalysen wie Linienverfolgung, Epigenomik und Transkriptomik kombiniert. Ihre Spitzenforschung zeigt sich an beachtlichen Publikationserfolgen, beispielsweise in den Fachzeitschriften Nature und Cell allein aus dem Jahr 2019. 

Prof. Dr. Ana Martin-Villalba studierte Medizin an der Universität Murcia in Spanien und in Leeds, Großbritannien. Sie erhielt ihren Doktortitel im Jahr 1998 von der Universität Heidelberg, wo sie die Rolle von Todesliganden (CD95L, TNF und TRAIL) bei der Apoptose im menschlichen Gehirn nach einem Schlaganfall untersuchte. 2006 wurde Martin-Villalba Leiterin der Juniorgruppe Molekulare Neurobiologie am DKFZ. Sie ist seit 2011 Professorin für „Neurobiologie von Gehirntumoren“ der Universität Heidelberg und Abteilungsleiterin der Molekularen Neurobiologie am DKFZ. Ihre Arbeiten auf dem Gebiet der ZNS Regeneration wurden 2017 mit einem europäischen ERC Consolidator Grant ausgezeichnet. Zu ihren Auszeichnungen zählen unter anderem der Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstädter-Nachwuchspreis, der Heinz Maier-Leibnitz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft und den Walther und Christine Richtzenhain-Preis. 

Dr. Germán Camargo Ortega und Prof. Dr. Magdalena Götz erhalten den „GSCN 2019 Publication of the Year Award“ für ihre Entdeckung der wichtigen Rolle des Proteins Akna bei der Entscheidung der Stammzelle, ob und wie sie sich weiter differenziert. Zusammen mit den weiteren Erstautor*innen Dr. Sven Falk und Dr. Pia A. Johansson beobachtete Camargo Ortega, dass das Protein Akna beispielsweise das Verhalten von neuralen Stammzellen über einen Mechanismus steuert, der auch für die Bildung von Metastasen bedeutsam sein könnte. Dafür isolierten die Wissenschaftler solche Zellen, die sich entweder selbst erneuern und weitere neurale Stammzellen bilden, oder sich ausdifferenzieren und Nervenzellen bilden. Sie stellten fest, dass in den sich zu Nervenzellen entwickelnden Stammzellen das Protein Akna in deutlich höheren Konzentrationen vorkam. Lag es geringer vor, verblieben die Stammzellen in der Nische, wohingegen höhere Proteinkonzentrationen die Ablösung der Stammzelle aus ihren Nische verstärkte und damit die Ausdifferenzierung in eine neurale Zelle förderte. Besonders überraschend für die Wissenschaftler*innen war die Position des Proteins – nämlich am Zentrosom, einem kleinen Organell im Zellinneren, das als Chefarchitekt für die Organisation des Zellskeletts und die Zellteilung zuständig ist. Die Forscher*innen konnten zeigen, dass Akna von dort aus das Zellgerüst in Form sogenannter Mikrotubuli verankert. So kann es die Verbindungen zu den Nachbarzellen schwächen und eine Ablösung und Wanderung aus der Stammzellnische heraus fördern. Dieser identifizierte Mechanismus über Akna kann eine zentrale Rolle bei verschiedensten, medizinisch relevanten, Prozessen spielen. 

Veröffentlichung: Camargo Ortega G, Falk F, Johansson, PA, Peyre E, Broix L, Sahu SK, Hirst W, Schlichthaerle T, De Juan Romero C, Draganova K, Vinopal S, Chinnappa K, Gavranovic A, Karakaya T, Steininger T, Merl-Pham J, Feederle R, Shao W, Shi SH, Hauck SM, Jungmann R, Bradke F, Borrell V, Geerlof A, Reber S, Tiwari VK, Huttner WB, Wilsch-Bräuninger M, Nguyen L, and Götz M (2019) „The centrosome protein Akna regulates neurogenesis via microtubule organization“, 2019, Nature 567, 113–117, DOI: 10.1038/s41586-019-0962- Link: https://www.nature.com/articles/s41586-019-0962-4 

Die drei GSCN-Awards sind mit je 1.500 Euro dotiert und die Preisträger*innen halten einen Vortrag im Presidential Symposium am Dienstag, den 24. September, auf der diesjährigen GSCN Jahreskonferenz vom 23. bis zum 25. September 2019 in Berlin. 

Das GSCN vernetzt seit 2013 in Deutschland arbeitende Stammzellforscher*innen national und international und vermittelt ihre Ergebnisse und Forschungen einer breiten Öffentlichkeit. Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und die Präsentation herausragender Wissenschaftlerinnen finden beim GSCN eine besondere Beachtung. 

Mehr generelle Informationen finden Sie auf der Website www.gscn.org 

 

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