Neue Auszeichnungen des Deutschen Stammzellnetzwerk (GSCN)
Dem Gespräch der Stammzellen lauschen
Stammzellen kommunizieren auf molekularer Ebene – in sich und mit anderen Zellen. Dieses „Gespräch“ der Zellen verstehen die Stammzellforscher stetig besser, um die Geheimnisse der Zellen zu ergründen. Dieses Jahr verleiht das German Stem Cell Network (GSCN) seine Wissenschaftspreise an drei Forscherinnen und Forscher, die sich tief in die zelluläre Kommunikation begeben - bei der Leberstammzelle, den epigenetischen Informationen im Alternsprozess und bei Regenerationsprozessen des Axolotl. Allen gemeinsam ist das Ziel, die molekularen Prozesse so detailliert zu verstehen, dass diese zukünftig beeinflusst und im Krankheitsfall therapiert werden können.
Eine vom German Stem Cell Network (GSCN) eingesetzte Expertenkommission hat folgende Preisträgerinnen und Preisträger ausgewählt:
- Der „GSCN 2017 Young Investigator Award“ geht an Dr. Francesco Neri vom Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena.
- Der „GSCN 2017 Female Scientist Award“ geht an Prof. Elly Tanaka vom Institut für molekulare Pathologie IMP in Wien und der TU Dresden.
- Der „GSCN 2017 Publication of the Year Award“ geht an Dr. J. Gray Camp und Prof. Barbara Treutlein (Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig) zusammen mit Dr. Keisuke Sekine und Prof. Takanori Takebe (Cincinnati Children’s Hospital Medical Center) für die Publikation „Multilineage communication regulates human liver bud development from pluripotency“ im Fachjournal Nature (Camp, J.G. et al., 2017, Nature 546, 533-538; doi: 10.1038/nature22796).
„Wir wollen mit unseren Wissenschaftspreisen junge Stammzellforscher und ganz besonders Wissenschaftlerinnen ermutigen, sich in diesem dynamischen Forschungsfeld zu engagieren, und herausragende Leistungen im Stammzellfeld auszeichnen“, betont Prof. Uli Martin, Präsident des German Stem Cell Network und Leiter der Leibniz Forschungslaboratorien für Biotechnologie und künstliche Organe (LEBAO) an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Die drei GSCN-Awards sind mit je 1.500 Euro dotiert und die Preisträgerinnen und Preisträger halten einen Vortrag im Presidential Symposium am 12. September auf der diesjährigen Stammzellkonferenz des GSCN vom 11. - 13. September 2017 in Jena.
Zu den Preisträgerinnen und Preisträgern:
Dr. Francesco Neri erhält den Preis „GSCN 2017 Young Investigator Award“ für seine ausgezeichneten Forschungsarbeiten als Nachwuchswissenschaftler. Er erforscht die Schäden, die Alternsprozesse im Organ und Gewebefunktion hinterlassen. Mit dem Altern steigt das Risiko, an Krankheiten wie Krebs zu erkranken: Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass genetische und epigenetische Faktoren die Funktionalität und Homeostase adulter Stammzellen im Alter beeinflussen und den selektiven Vorteil dominanter Stammzellklone und damit die Krebsentstehung befördern. Besonders die DNA-Methylierung (eine stabile und erbliche epigenetische Modifikation) wird mit alternsbedingten Krankheiten und Krebsentstehung in Verbindung gebracht. Neri untersucht mit seiner Arbeitsgruppe die epigenetischen Veränderungen alternder Stammzellen und ihre Funktion bei der Entstehung klonaler Dominanz und neoplastischer Veränderungen.
Dr. Francesco Neri ist Preisträger des Sofja Kovalevskaja-Preises der Alexander von Humboldt-Stiftung und baut mit dem Preisgeld seit Sommer 2016 eine Juniorforschungsgruppe zur „Epigenetik des Alterns“ am FLI in Jena auf. Der aus der Toskana stammende Epigenetiker hat in Siena (Italien) Molekularbiologie studiert und in Biotechnologie promoviert und forschte bereits in Nijmegen (Niederlande) und Turin (Italien).
Link: Pressemitteilung
Prof. Dr. Elly Tanaka erhält den “GSCN 2017 Female Scientist Award” für ihre herausragenden Leistungen in der Erforschung fundamentaler Vorgängen bei der Regeneration von Geweben und Körperteilen in Tiermodellen. Sie fokussiert sich mit ihrer Arbeitsgruppe dabei auf die Regenerationsfähigkeit des Axolotl (mexikanischer Schwanzlurch), der Extremitäten, Rückenmarks- und sogar Gehirnverletzungen durch nachwachsende Zellen ausgleicht. Die Forschung der Tanaka-Gruppe zielt darauf ab, jene Mechanismen aufzuklären, die für das Nachwachsen der Gliedmaßen zuständig sind. Die Erkenntnisse dienen als Modell für die Regenerationsfähigkeit bei Wirbeltieren. Zentrale Fragen gelten dabei der Identität der beteiligten Stammzellen und der Signale, welche die Stammzellen nach Verletzungen aktivieren.
Professor Elly Tanaka studierte Biochemie an der Harvard University und promovierte im Labor von Marc Kirschner an der University of California in San Francisco. Als Postdoktorandin wechselte sie zu Jeremy Brockes am University College in London. Ab 1999 war Tanaka Gruppenleiterin am Max Planck Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden. Im Jahr 2008 wurde sie als Professorin an die TU Dresden berufen. Von 2014 bis 2016 leitete sie das DFG-Center for Regenerative Therapies Dresden (CRTD). Seit 2016 ist sie am Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien und Professorin an der TU Dresden.
J. Gray Camp und Keisuke Sekine haben als Teil eines internationalen Forscherteam unter der Leitung von Takanori Takebe (Cincinnati Children’s Hospital Medical Center) und Barbara Treutlein (Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig) herausgefunden, wie einzelne Zellen zusammenarbeiten und ihr Genom einsetzen, um sich in menschliches Lebergewebe zu entwickeln. In der aktuellen Studie benutzten die Forscher die Technologie des Single-cell-RNA-Sequencing. Mit deren Hilfe beobachteten sie die Veränderung individueller Zellen, wenn diese in einer dreidimensionalen Mikroumgebung mit miteinander komplex kommunizierenden Gefäßzellen, Bindegewebszellen und Leberzellen kombiniert werden. Die Forscher entwickelten für jede einzelne dieser Zellarten jeweils vor und nach ihrem Zusammentreffen zur Bildung von Leberkeimzellgewebe einen kompletten Bauplan der aktiven Transkriptionsfaktoren, Signalmoleküle und -rezeptoren. Die Single-cell-RNA-Sequencing half den Forschern auch dabei, die aus Stammzellen im Labor hergestellten dreidimensionalen Lebergewebe mit natürlich vorkommenden menschlichen fetalen und adulten Leberzellen zu vergleichen und ins Verhältnis zu bringen. Die Studie ist ein Meilenstein auf dem Weg, gesundes, menschliches Lebergewebe mittels Biotechnologie aus pluripotenten Stammzellen herzustellen. Die Publikation wird mit dem „GSCN 2017 Publication of the Year Award“ ausgezeichnet.
Veröffentlichung: Camp JG*, Sekine K*, Gerber T, Loeffler-Wirth H, Binder H, Gac M, Kanton S, Kageyama J, Damm G, Seehofer D, Belicova L, Bickle M, Barsacchi R, Okuda R, Yoshizawa E, Kimura M, Ayabe H, Taniguchi H, Takebe T*, Treutlein B*. „Multilineage communication regulates human liver bud development from pluripotency.“ 2017, Nature 546, 533-538. * equal contribution
Link: Publikation in Nature
Link: Pressemitteilung MPG
Das GSCN hat sich 2013 gegründet und setzt es sich zum Ziel, in Deutschland arbeitende Stammzellforscher besser zu vernetzen, zu unterstützen und ihre Ergebnisse und Forschungen einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und die Präsentation herausragender Wissenschaftlerinnen als Frauenförderung finden beim GSCN eine besondere Beachtung.
Mehr Informationen finden Sie auf der Website www.gscn.org. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte an:
Stefanie Mahler Referentin Kommunikation stefanie.mahler@mdc-berlin.de
Dr. Daniel Besser Geschäftsführer d.besser@mdc-berlin.de
Aktualisiert von: Stefanie Mahler