iPS Zellen und Reprogrammierung: Wie jede Zelle des Körpers zu einer pluripotenten Stammzelle gemacht werden kann

Die Reprogrammierung ermöglicht uns jede beliebige Zelle des Körpers zu einer pluripotenten Stammzelle zu machen.   Ihre Entdeckung im Jahre 2006 überraschte viele Wissenschaftler und veränderte unser Verständnis dafür,wie Zellen funktionieren. Die Reprogrammierung eröffnet neue Möglichkeiten für die Untersuchung und die Behandlung von Krankheiten.  

Embryonale Stammzellen (ES-Zellen) galten als die einzige Quelle pluripotenter Zellen, bis Kazutoshi Takahashi und Shinya Yamanaka 2006 zeigten, dass Hautzellen durch künstliche Zugabe von vier Genen in „induzierte“ pluripotente Stammzellen (iPS) reprogrammiert werden können.

Die Forscher sind begeistert von den Möglichkeiten, die sich durch die iPS für Studien, Behandlung und mögliche Heilung von Krankheiten ergeben. iPS umgehen auch mehrere moralische Probleme, mit denen der Einsatz von ES-Zellen behaftet ist.

iPS bieten den Forschern hervorragende Möglichkeiten zur Erschaffung und Untersuchung erkrankter Zellen mit der jeweiligen Genetik der Patienten.

Die Forscher arbeiten beständig daran, besser zu verstehen, wie die Zellreprogrammierung funktioniert, damit sie bessere Methoden zur Kontrolle der Stammzelldifferenzierung entwickeln können.

iPS werden zur Erforschung und Entwicklung von Therapien für viele Erkrankungen eingesetzt. Sie sollen z. B. von Krankheiten zerstörte Zellen ersetzen.

Die genetischen Fehler, die Krankheiten verursachen, sind von Patient zu Patient verschieden. Maßgeschneiderte Therapien, welche die speziellen genetischen Probleme des jeweiligen Patienten beheben, könnten mit iPS möglich sein. Zudem werden transplantierte iPS nicht vom Immunsystem des Patienten abgestoßen, da iPS aus patienteneigenen Zellen gezüchtet werden.

Mehrere Studien zeigen, dass iPS und ES-Zellen häufig unterschiedlich funktionieren. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass iPS nicht zu 100 % wirklich umprogrammiert sind. Die Forscher versuchen noch herauszufinden, wie viel Einfluss diese Unterschiede auf Forschung und Medizin haben.

Technische Herausforderungen und unser immer noch begrenztes Wissen über die iPS erschweren die Kontrolle der Stammzellen und der Funktionsweise von aus iPS hervorgegangenen Zellen im Körper.

Zwar klingen medizinische Behandlungen mit maßgeschneiderten iPS attraktiv, doch die Entwicklung von bezahlbaren und wirksamen iPS-Therapien bleibt eine sehr große Herausforderung.

Im Jahre 2006 machte Shinya Yamanaka eine bemerkenswerte Entdeckung: er entdeckte einen Methode, welche es ermöglicht, eine neue Art von Stammzelle im Labor herzustellen. Diese Zelle ist pluripotent, d.h. sie kann sich zu jedem Zelltyp des Körpers entwickeln und wird als induzierte pluripotente Stammzelle, oder als iPS Zelle, bezeichnet. Embryonale Stammzellen (ES Zellen), welche beim Menschen aus einem 4-5 Tage alten Embryo gewonnen werden, sind die einzigen natürlichen pluripotenten Zellen. Yamanaka's Entdeckung bedeutet, dass nun jede beliebige Körperzelle, bis auf Samen- und Eizelle, zu einer pluripotenten Stammzelle gemacht werden kann.

Wie aber werden diese iPS Zellen nun hergestellt? Yamanaka fügte vier Gene zu Hautzellen der Maus hinzu, was einen Prozess im inneren der Zelle in Gang setzte, der als Reprogrammierung bezeichnet wird. Innerhalb von 2-3 Wochen wurden die Hautzellen in induzierte pluripotente Stammzellen umgewandelt. Mittlerweile kann diese Reprogrammierung auch für humanen Zellen, selbst durch die Zugabe von nur drei Genen, erreicht werden.

Stammzellen - die Zukunft: Eine Einführung zum Thema iPS-Zellen (Video mit Untertiteln)

iPS cell colony
Eine Kolonie von iPS Zellen

iPS Zellen und embryonale Stammzellen sind sich sehr ähnlich.   Beide Zellarten können beispielsweise verwendet werden, um nahezu alle Zelltypen, unter streng kontrollierten Bedingungen, im Labor herzustellen.   Weiterhin sind sie selbst-erhaltend, d.h. sie können sich unendlich oft teilen und dabei Kopien von sich selbst erzeugen. Diese einzigartigen Zellarten können uns helfen zu verstehen, wie sich aus pluripotenten Zellen spezialisierte Zelltypen entwickeln.   In Zukunft könnten sie außerdem als eine schier unbegrenzte Quelle für Zellen und Gewebearten dienen und bei Patienten mit verschiedensten Krankheiten eingesetzt werden.

Im Gegensatz zur Gewinnung von embryonalen Stammzellen ist es bei der Herstellung von iPS Zellen nicht nötig einen Embryo zu zerstören. Gibt es noch weitere Unterschiede? Forschungsarbeiten deuten darauf hin, dass sich einige Gene in iPS Zellen anders verhalten als in embryonalen Stammzellen. Wissenschaftler untersuchen diese Differenzen nun detaillierter, um herauszufinden, was genau die Unterschiede zwischen den beiden Zelltypen sind und ob diese von Bedeutung sind. Derzeit können ES Zellen in der Grundlagenforschung nicht durch iPS Zellen ersetzt werden.      

Mit Hilfe der Reprogrammierung sind Forscher in der Lage gezielt Stammzellen (iPS Zellen) von Menschen herzustellen, die an Krankheiten wie Parkinson oder Huntington leiden. Anschließend können die iPS Zellen verwendet werden, um aus ihnen spezialisierte Zellen, die ebenfalls von der Krankheit betroffen sind, zu erzeugen. In vielen Fällen ist es nämlich nicht möglich, auf eine andere Weise an diese spezialisierten Zellen zu gelangen.  Es ist beispielsweise nicht möglich die Gehirnzellen eines Patienten mit Parkinson direkt zu untersuchen. Mittlerweile können Wissenschaftlern jedoch iPS Zellen von Menschen mit der Parkinson-Krankheit gewinnen und diese verwenden, um erkrankte Neuronen im Labor herzustellen. Diese im Labor hergestellten Zellen können helfen mehr über Krankheiten und deren Auswirkungen zu lernen. Zelluläre Krankheitsmodelle, wie diese, können auch als Testsystem für die Entwicklung neuer Medikamente eingesetzt werden.

iPS cells diagram
iPS Zellen - Herkunft und Anwendung: iPS Zellen können aus adulten Zellen durch das Einbringen spezifischer Gene hergestellt werden. Die Zellen werden dadurch reprogrammiert und pluripotent, ähnlich den embryonalen Stammzellen. iPS Zellen können zu jedem beliebigen Zelltyp differenziert und anschließend für Transplantationen in der Zellersatztherapie eingesetzt werden. Ebenso können Zellen, welche von einer Krankheit betroffen sind, aus iPS Zellen erzeugt werden und als Krankheitsmodell in der Forschung oder zum Testen neuer Medikamente eingesetzt werden.

 

iPS Zellen besitzen großes Potential in der regenerativen Medizin.   Immun- und Abstoßungsreaktionen könnten vermieden werden, indem spezialisierte Zellen, welche aus patienten-eigenen iPS Zellen gewonnen wurden, verwendet werden, um fehlende oder verletzte Zellen des Körpers zu ersetzen. In solchen Zellersetzungstherapien würden die Zellen, die dem Patienten verabreicht werden, als körpereigen erkannt. Jedoch ist dieser Nutzer bisher ein rein theoretischer. Derzeit sind zur Herstellung von iPS Zellen genetische Modifikationen nötig, welche Mutationen der DNA Mutationen auslösen können, die ihrerseits zur Ausbildung von Tumoren führen können. Wissenschaftler arbeiten akribisch daran Methoden zu entwickeln, die ohne genetische Modifikationen auskommen, so dass Zellen, welche aus iPS Zellen gewonnen wurden, sicher in klinischen Anwendungen zum Einsatz kommen können.   Eine Möglichkeit besteht darin, anstelle von Genen Proteine oder Chemikalien zu verwenden, um den Prozess der Reprogrammierung in Gang zu setzten ohne einen permanenten Einfluss auf die DNA der Zelle zu nehmen.

Dieses Factsheet wurde erstellt von Manal Hadenfeld und geprüft durch Oliver Bruestle.

Shinya Yamanaka photographiert von Rubenstein.   Weitere Bilder von Michael Peitz,Johannes Jungverdorben und Michael Rossbach.